Coronabedingt hat die Gastronomie eine Durststrecke mit Lockdowns und speziellen Regeln hinter sich, aber nicht jeder freut sich jetzt über ihre Öffnung und einfachere Regeln. Denn während die meisten Menschen gelegentlich gern Gastronomiebetriebe aufsuchen, hält sich die Begeisterung in Grenzen, wenn sich diese in unmittelbarer Nachbarschaft befinden oder neu öffnen.
Wenn sich Restaurants, Vinotheken, Bars oder Clubs in unmittelbarer Nachbarschaft des eigenen Zuhauses befinden oder neu öffnen, sind gewisse Störungen naturgemäß nicht komplett vermeidbar und die Folge nicht selten Streitigkeiten vor Gericht. Wer einen Gastronomiebetrieb eröffnen will, sollte sich daher im Vorfeld gut informieren.
Häufig herrscht Unklarheit über die Definition, welche Nutzung erlaubt ist und welche nicht. Das Landgericht Berlin musste sich mit der Frage befassen, ob denn die Bezeichnung „Gewerbeeinheit (Laden)“ in einer Teilungserklärung eine gastronomische Nutzung erlauben könne. Das Gericht verneinte dies. Unter einem Ladenraum würden Geschäftsräume verstanden, in denen ständig Waren zum Verkauf angeboten werden. Der Betrieb einer Gaststätte falle nicht unter diesen Verwendungszweck (Aktenzeichen 55 S 46/18).
Auch die Nutzung bzw. Umwandlung einer denkmalgeschützten Scheune zu einer Gastwirtschaft nebst Außengastronomie fand bei den Nachbarn keine Zustimmung. Das Verwaltungsgericht Minden teilte die Sichtweise der Nachbarn und urteilte, hier liege eine Verletzung des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots vor. In unmittelbarer Nähe befinde sich ein Wohnhaus, der Abstand zur Grundstücksgrenze betrage nur vier Meter (Aktenzeichen 9 K 2755/10).
In einem anderen Fall wollten Nachbarn einen geplanten Gastronomiebetrieb in einem allgemeinen Wohngebiet zu Fall bringen, indem sie auf die Existenz anderer Wirtschaften hinwiesen. Dahinter stand der Gedanke, dass die Gegend ja schon ausreichend versorgt sei und nicht noch einen weiteren derartigen Betrieb benötige. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bezeichnete es jedoch als unerheblich, wie gut die Versorgung an Lokalen bereits sei. Das Baurecht sei schließlich nicht für den Konkurrenzschutz von Gaststätten zuständig (Aktenzeichen 1 LA 85/21).
Allerdings kann es umgekehrt relevant sein, ob und wie sehr ein Lokal für eine gewisse Grundversorgung innerhalb eines Wohngebiets sorgt. Eine Nachbarin klagte gegen die Baugenehmigung für eine Gaststätte mit 300 Plätzen. Das Bundesverwaltungsgericht verwies darauf, dass das Lokal im konkreten Falle der Versorgung eines Wohngebiets dienen werde. Deswegen seien die davon ausgehenden Störungen hinzunehmen, wenn sie ein gewisses Maß nicht überschreiten (Aktenzeichen 4 C 5.18).
Manchmal verursacht eine kleine Änderung plötzlich Ärger. Eine Wohnungseigentümer-gemeinschaft hatte über mehrere Jahre hinweg den zweckwidrigen Betrieb einer Gaststätte in einer Teileigentumseinheit nicht beanstandet. Dann erweiterte der Betreiber diese Gaststätte um eine Außenterrasse, was den Eigentümern zu viel war. Der Bundesgerichtshof bezeichnete es als zulässig, dass die Gemeinschaft als Konsequenz den Betrieb der Gaststätte untersagte. Daran ändere sich auch nichts, wenn der Unterlassungsanspruch lange Zeit nicht geltend gemacht worden sei (Aktenzeichen V ZR 275/16).
Pizza ist bei den Bundesbürgern sehr beliebt, gern aus dem Holzofen – aber bitte nicht in der direkten Nachbarschaft. Der Besitzer einer Pizzeria betrieb einen Ofen mit Holzfeuerung. Nach Angaben der Nachbarschaft führte dies jedoch zu rußhaltigen Verunreinigungen auf Gartenmöbeln. Die Behörden untersagten den Betrieb, der Pizzabäcker ging gegen diese Anordnung mit einem Eilantrag vor und verwies auf den Einbau einer Staubminderung. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stützte die behördliche Maßnahme und beließ es bei dem Verbot (Aktenzeichen 10 S 71/19).
Einen regelrechten Boom erleben seit einigen Jahren Shisha-Bars. Sie werden auch in faktischen Mischgebieten errichtet. Dabei stellt sich gelegentlich die Frage, ob ihr Betrieb nachbarschützende Vorschriften verletzt. Im vorliegenden Fall hatte die zuständige Behörde die Nutzungsänderung einer Immobilie zu einer Shisha-Bar genehmigt. Die Nachbarn wandten sich dagegen. Das Verwaltungsgericht Koblenz stellte sich hinter die Rechtsauffassung der Behörde und merkte an, die Belastung liege zwischen der einer Schank- bzw. Speisewirtschaft und einer Vergnügungsstätte. Von einer wesentlichen Störung, die ein Verbot rechtfertige, könne keine Rede sein (Aktenzeichen 4 K 694/20).
(Quelle: www.lbs.de/presse/index.jsp – Infodienst Recht und Steuern)